Zwingenberg/Bensheim, 20. Juli 2015. Mit dem in diesem Jahr zum ersten Mal von der „Kulturstiftung für die Bergstraße“ – in Kooperation mit dem Bund Deutscher Architekten BDA Hessen und dem Deutschen Werkbund DWB Hessen – vergebenen „Heinrich-und-Georg-Metzendorf-Preis für Baukultur“ wird der 2014 fertiggestellte zweigeschossige Erweiterungsbau der Liebfrauenschule in Bensheim ausgezeichnet. Der Architekturpreis dokumentiert sich in einer Plakette, die am 19. Juli dem Preisträger, dem Büro Hille Architekten + Stadtplaner BDA aus Ingelheim (www.hillearchitekten.de), in den Räumen des südhessischen Energieversorgers GGEW AG in Bensheim übergeben wurde.
Mit der Auszeichnung soll die Qualität der gegenwärtigen Baukultur an der Bergstraße gefördert werden. In direktem Bezug zu den Namensgebern Heinrich (1866 - 1923) und Georg (1874 - 1934) Metzendorf, die mit ihrer Arbeit an der Bergstraße und an anderen Orten, etwa der Siedlung Margarethenhöhe in Essen, eine qualitätsvolle als auch landschaftsbezogene Architektur realisierten, stand die diesjährige Ausschreibung unter dem Thema „Neues Leben für alte Mauern“: Gesucht wurden Objekte im Bereich „Bauen im Bestand“, d.h. An- und Umbauten, Sanierungen und Restaurierungen von Gebäuden und Ensembles im Zuge von Umnutzungen, baulichen Veränderungen oder auch Erweiterungen.
Mit der Einordung des neuen Lernzentrums der Liebfrauenschule in das Ensemble aus Pfarrhaus, Kirche und denkmalgeschützter Mauer zwischen dem bestehenden Schulhof und den Sportplatzflächen des von 900 Schülerinnen besuchten Privatgymnasiums ist die Intension des Preises nach der Auffassung der aus sieben Personen bestehenden Jury idealtypisch gelungen. Der längliche Baukörper wurde entlang der bestehenden Wegebeziehung entwickelt, ohne den Blick Richtung Kirche komplett zu verstellen. Er wurde präzise in das historische Umfeld gesetzt. Sorgsam im Umgang mit der Umgebung entstand eine neue Urbanität und angenehme Verdichtung. Über seine Nutzung – in dem Gebäude sind Kunstklassenräume und eine Mediathek untergebracht – gelang es nach der Meinung der Jury, einen innerstädtischen, kommunikativen Raum zu schaffen. Zudem werden durch die Integration des zusätzlichen Bauköpers historische Spuren lesbar und erlebbar.
Bauherr des Lernzentrums Liebfrauenschule ist das Bischöfliche Ordinariat Mainz, Bischofsplatz 2.
Anerkennung: „Russenhaus“ auf dem Heiligenberg
Das 1870 errichtete Haus stand seit 2004 lange leer und drohte zu zerfallen. Es diente ursprünglich der Unterbringung der Bediensteten von Zar Alexander II. – und hat so seinen Namen erhalten. Zuletzt wurde das Russenhaus als Wohnhaus für den Hausmeister des angrenzenden Schlosses genutzt. Von 2010 bis 2014 wurde auf Betreiben der Stiftung Heiligenberg das Gebäude unter denkmalpflegerischen Aspekten saniert. Nach der Auffassung der Jury ist die Ertüchtigung des Gebäudes vorbildlich gelungen. Die neue Nutzung als kleines Informations- und Dokumentationszentrum gibt dem Gebäude eine neue Bedeutung im Ensemble mit dem Schloss Heiligenberg. Überraschend großzügig präsentieren sich die Räume der Ausstellung; der Besucher ist überrascht von der inneren Größe des von außen eher klein erscheinenden Gebäudes. Die Jury erkennt das ehrenamtliche Engagement der Stiftung Heiligenberg für das kleine Bauwerk an; insbesondere die Aktivitäten und öffentlichen Veranstaltungen, die zur Belebung der Gebäude und des gesamten Ortes beitragen. Geplant hat die Sanierung das Architekturbüro Kaffenberger aus Reinheim (www.architekturbuero-kaffenberger.de).
Anerkennung: Wohnhaus L in Seeheim-Jugenheim
Der Blick von dem Wohnhaus, das auf einem nach Westen abfallenden Grundstück liegt, reicht über die Rheinebene bis in die Pfalz. Beim Haus selbst handelt es sich um ein ehemals kleines Kutscherhaus mit einem Fachwerkturm, das in den 1990er Jahren einen großen, überproportionalen Anbau bekommen hat. Zudem wurde ein klobiger Wintergarten angebaut. Die Bausubstanz des Hauses war zwar in Ordnung, die Qualität bei Materialität und baulichen Details ließ jedoch zu wünschen übrig. Im Zuge des „Umbaus des Umbaus“ ging es daher darum, das Haus mit einfachen Mitteln aufzuwerten und den Wohnkomfort zu erhöhen. Dazu wurde etwa der Eingang nach vorne – an die „richtige“ Stelle – verlegt. Das ursprünglich mit einer Deckenhöhe von 3,20 Metern sehr hohe Erdgeschoss wurde durch abgehängte Decken und den Einbau einer Schiebetüre in deutlich wahrnehmbare Bereiche gegliedert. Nach dem Urteil der Jury zeigt der von den Architekten Schauer + Volhard aus Darmstadt (www.schauer-volhard.de) geplante Umbau und die Modernisierung auf beispielhafte Weise, wie eine Alltagsaufgabe vorbildlich gelöst werden kann. Mit einem geschulten Blick für Materialität und Raum, wurden durch neue Öffnungen spannende Beziehungen zwischen Innen und Außen hergestellt. Feine Details und eine wohltuend akzentuierte Farbgebung prägen das Gebäude. Dabei wird der Bestand nicht überformt, sondern in seiner Architektursprache gestärkt. Mit angemessener Bescheidenheit der eingesetzten gestalterischen Mittel wird neue Qualität erzeugt. Der Jury gehören folgende Personen an: Prof. Dr. Joachim Felix Leonhard, Staatssekretär a.D. Kulturstiftung für die Bergstraße Prof. Dipl.-Ing. Wolfgang Christ Kulturstiftung für die Bergstraße Susanne Wartzeck, Dipl.-Ing. Architektin BDA Hessen, Vorsitzende Joachim Klie, Dipl.-Ing. Architekt BDA Hessen, Gruppe Darmstadt Prof. Dipl.-Ing. Alexander Reichel Deutscher Werkbund Hessen Jochen Rahe Deutscher Werkbund Hessen Georg Küffner Journalist